Rockspektakel

Rockspektakel 1988Die bekommt – seit ich denken kann – unglaublich viel Geld von der Stadt Hamburg. Und alle Jahre wieder, so auch 1987, treffen sich (blauäugig) Menschen der moderneren Musikbranche, um in der Stadt nach Mitteln für zeitgemäße Musik zu suchen.

1987 führte dies, unter Beteiligung von Hamburger Musikern, Konzertveranstaltern und anderen aus der Hamburger Musikbranche, zur Gründung eines Vereines: ROCK CITY HAMBURG e.V.

Rockspektakel 1988Und eben dieser Verein beschloss, Geld für eine große Sause zu besorgen, das erste Hamburger ROCKSPEKTAKEL. Es ist dem Sachverstand des damaligen Haushaltsexperten der GAL Paul Rieckmann zu verdanken, daß es wirklich Geld gab. 400.000 DM spuckte der Senat aus einem versteckten Haushaltstitel aus. Geld, von dem nicht einmal die eigentlich für Musik zuständige Kulturbehörde wußte.

Unser Konzept war einfach: Man nehme 100.000 DM für Werbung 100.000 DM für ein Büro mit zwei Mitarbeitern und 200.000 DM für eine Woche voller Konzerte mit einer Clubnacht am Anfang (DIE NACHT DER CLUBS) und einem Abschlußfestival auf dem Hamburger Rathausmarkt (RATHAUS ROCK) – das ganze hieß ROCKSPEKTAKEL und fand vom 8.9.1988 bis 18.9.1988 in Hamburg statt.

„Hamburg – das Hoch im Norden“ stand auf dem ersten Plakat:  „Die leuchtend pinke Gitarre wühlt sich durch den Schamhaarberg eines anthrazit-nackten, farblich verfremdeten Mannes. Seine Linke greift den Hals des Instrumentes in der Pose eines geübten Onanisten“ schrieb dazu die TAZ. Der Rummel um das nackte Musikanten-Männchen kam uns ob der entstehenden PR für das Festival gerade recht, und die Musiker fanden es eh´ “geil“ – die Analogie von Sex und Rock „zwangsläufig“.

Mit diesem Knallbonbon als Start war es nicht verwunderlich, daß schon bald kritische Töne ob der Verwendung der städtischen Mittel folgten. Die Szene Hamburg titelte  Rockspektakel 1989„Dem Durchschnitt ein Fest“ – und das damalige Konkurenzmagazin „Tango“ (Vorläufer des „Prinz“) schrieb boshaft „Hamburger Club-Acts spielen in Hamburger Clubs“ – wobei zumindest in Frage gestellt werden müsse, ob das Geld (von dem die Hälfte für Werbung und Organisation verplempert werde) nicht besser angelegt gewesen wäre, hätte man einzelne Clubs gezielt gefördert.

Ach, hätten Sie geahnt, daß das erst der Anfang war. Das staatliche Geld war – wie auch das provozierende Plakat – schon 1990 nicht mehr da. Stattdessen gab es jetzt zwei Veranstaltungen – und es gibt sie bis heute, völlig frei finanziert: Die NACHT DER CLUBS und das ROCKSPEKTAKEL.

Es ist natürlich müßig nachzuweisen, wieviel Förderung aus den 400.000 DM schlußendlich hervorgegangen sind – ganz von meiner Existenz als Veranstalter abgesehen. Aber der Qualitätsnachweis fällt über die Jahre ganz einfach aus. Bis heute ist das ROCKSPEKTAKEL auf dem Hamburger Rathausmarkt tolerierter Gast – ein Stolperstein zwischen Cyclassics, Stuttgarter Weindorf und Alstervergnügen. Dabei ist der Charme des beleuchteten Rathauses bis heute anmutend.

Rockspektakel 1990Und jede Band aus Hamburg würde mittlerweile dort auftreten – auch und gerade die anspruchsvollen. Die Location ist einmalig, und es ist ein echtes Musikfestival – nur eben ohne Eintritt.

Das es überleben konnte ist genau diesem Faktor zu verdanken. Anfang der 90er Jahre war es zunächst „PRINCE DENMARK“ – die mit Ihren sechsstelligen Zuschüssen für Werbung und Programmqualität  sorgten. In den Vergangenen Jahren war es – seit 1988 als Partner dabei – die Bremer (!) Brauerei BECKS.

So war das ROCKSPEKTAKEL immer ein Spiegel der Finanzgeber. Je höher die Unterstützung – desto besser das Programm – desto eindeutiger aber auch die Botschaft des Geldgebers.

Trink mich, rauch mich, iss mich, lies mich, hör mich. Einmal im Jahr verschmelzen diese Begriffe in ein Open-Air-Eins: „Umsonst und Draussen, und jede Menge Rock´n´Roll“. Es hat mich schon immer gestört, daß das Geld keinen Rock´n´Roll kennt. Aber er kennt es, und es kann nichts kennen. Was soll da schon bei rum´ kommen?

Rockspektakel 1991Im Falle des ROCKSPEKTAKELS zumindestens jedes Jahr drei Tage, bei jedem Wetter und viel Musik. Mal mehr, mal weniger Rock ´n ´Roll kam heraus. Aber doch so viele feine Stunden:

1988: Avia, Elephant, Loti Pohl, Felix de Luxe, Abi Wallenstein

1989: Steinwolke, Hannes Bauer, Pape, Die abstürzenden Brieftauben, B.Sharp, Kraan

1990: Bon Scott, Plan B, Norbert und die Feiglinge, Mitch Ryder

1991: National Galerie, Die Prinzen, Abba Revival Band, Underworld, Man, Wolf Maahn

1992: Gamma Ray, The Land, Peacock Palace, Whisky Priests,
          Michel van Dyke, Rudolf Rock & die Schocker

1993: Axxis, Illegal 2001, Inchtabokatables, Herwig Mitteregger

1994: Cultured Pearls, Subway to Sally, Peter & the Test Tube Babies, H-Blockx, Selig, The Busters, The Bates

1995: Paddy goes to Holyhead, Ninos con Bambos, Bad News Reunion, Die Kassierer, Cucumber Men, Abwärts

1996: El Vez, Lotto King Karl, Bogus Brothers, Blind Passengers, Roh !, Judge Dread

1997: Messer Banzani, Pornomat, Gagu, Latin Quarter

1998: Coalminers Beat, Motorsheep, Pothead, Dernameistsolangdassichdasehkeinschweinmerkenkann, Lecker Fischbrät

Rockspektakel 19921999: EMERGENZA ROCK FINAL u.a. mit: Kashmir, 3 Gramm, Myballoon u.a.

2000: Kind of Blue, Lemonbabies, Goldrausch, Knorkator, Waltari, Ezio, Reef

2001: Rantanplan, Desmond Dekker, Emil Bulls, Nina Hagen & Band,
          Jazz Butcher, The Busters

2002: Dubtari, Cultured Pearls, Vivid, H-Blockx, The Shining, Such a Surge

2003: Dedushki, Fiddlers Green, Boo!, Laurel Aitkin, Gutbucket, Pinkostar, 4Lyn

2004: Beatsteaks, Mother Tongue, Kid Alex, Smoke Blow, Die Schröders

2005: Sharonas, Blackmail, Dendemann & Mirko Machine, Looptroop,
          Tigerbeat, Revolverheld, Dawn Penn

2006: Bela B. y Los Helmstedt, Donots, Abwärts

2007: Oomph! - Superpunk - Ezio - iO - Flowin' Immo & Les Freaqz - Positunes

2008: H-Blockx - Blackmail - Jaya The Cat - I-Fire - Wirtz

2009: Ohrbooten - 4 Lyn - Pohlmann - Dubtari - Caracho - Betty Blitzkrieg - The Inspector Clouzo - Rocola Baccalao - Bomba Estereo

2010: Smoke Blow, Abwärts, Urban Majik Johnson, I-Fire, Piazumanju, Monsters of Liedermaching, 5Bugs, Das Pack

2011: Mono Inc., The Dillinger Escape Plan, Caliban, Le Fly, [soon], The Pleasures, Dark Age, D-Flame

2012: Wirtz, Smoke Blow, I-Fire, Jonas & the Massive Attraction (CAN), Skindred (UK), Vayden (USA), The Skatoons, Sondaschule

2013: Jaya the Cat (NL), Le Fly, Monsters of Liedermaching, Loui Vetton, Das Pack, Mr. Irish Bastard, Liedfett, Urban Majik Johnson

2014: Wirtz, I-Fire, Lord of the Lost, La Confianza, Montreal, Galaxy Space Man, Unzucht, Sondaschule,

2015: Hayseed Dixie (USA), Jaya the Cat (NL), Dritte Wahl, Das Pack, Monsters of Liedermaching, Rogers, Swiss & die Andern, Blut Hirn Schranke, Liedfett

2016: Caliban, Vitja, River Becomes Ocean, Le Fly, Sondaschule, Eljot Quent, Der Fall Böse, Pensen Paletti, Der Wahnsinn

2017: Antillectual (NL), Rogers, I-Fire, Horisont (SE), The Vintage Caravan (IS), Blues Pills (SE), Reggaedemmi, Skaramanga, Dubtari

To be continued...

 

Karsten Schölermann